Es ist ein ziemlich tolles Gefühl, ein neues Dokument zu öffnen, es mit einem Namen zu betiteln und dann - dann darf man zu schreiben beginnen.
Der Titel
Manchmal ist der Titel sofort da und lässt sich widerspruchslos aufschreiben - und passt auch wie die Faust aufs Auge. Wenn das passiert, dann kann man sich wahrhaft glücklich schätzen.
Allerdings kann es dann genauso gut passieren, dass man einen Titel hat und irgendwann passt er nicht mehr. Das ist ziemlich unangenehm, da man dann einen neuen Titel suchen muss - während man den alten verflucht, da er einem doch irgendwie gut gefallen hat.
Oder man findet keinen Titel. Man beginnt zu schreiben, aber es will sich kein Titel einfinden. Das Dokument muss trotzdem irgendwie tituliert werden, also wählt man einen Arbeitstitel. Ich rate davon ab, einen temporären Titel zu wählen, da man irgendwann beginnt, sich so sehr an diesen Titel zu gewöhnen, dass man ihn schwer ändern kann. Wählt einen neutralen Titel "Untitelt" oder "ohne Titel" - ich würde sogar nicht einmal "Namenlos" nehmen, da das auch irgendwie ein richtiger Titel sein kann. Auch auf keinen Fall den Namen des Protagonisten - ebenfalls ein potentieller Titel. Im Zweifelsfall gibt es immer noch "Lalala" oder "Blubbblubb".
Ihr habt keinen Stress einen Titel zu finden. Lasst euch Zeit, schreibt - Bücher sind wie Menschen. Irgendwann finden sie einen Namen, der zu ihnen passt.
Der Plot
Wie schon einmal erwähnt gibt es sowohl Gärtner als auch Architekten (und diverse Mischformen mit fließenden Übergängen). Als vollständiger Gärtner wirst du dir über den Plot kaum Gedanken machen: Du schreibst einfach wild drauflos.
Als Architekt dauert es sehr, sehr lange, bis du den ersten Satz überhaupt schreibst. Zuerst müssen Karten gezeichnet, Familienstammbäume bis zur fünften Generation entworfen, Charaktere und ihre Entwicklungen bis in das kleinste Fitzelchen aufgeschrieben und alle Plottwists und Geheimnisse gelüftet werden, bevor es zum ersten Wort kommt.
Du musst selbst herausfinden, ob es dir leichter fällt, wenn du planst oder eben nicht. Ich lege mich in den Garten und sehe meinen Geschichtsbäumchen beim Wachsen zu, während ich manchmal mit einer Schere ein paar unpraktische Äste abschneide und mit Wasser und Dünger ein bisschen nachhelfe.
Die Charaktere
Egal, was für eine Geschichte und auf welche Art du sie schreibst - du musst deine Charaktere lieben. Wenn du sie nicht liebst, kannst du nicht mit ihnen kommunizieren, kannst nicht mit ihnen mitfühlen, kannst nicht ihre Reaktionen und Emotionen abschätzen.
Nimm dir alle Zeit der Welt, deine Charaktere lieben zu lernen. Manche sind einfach liebenswert - manche nicht. Ich habe Charaktere, die ich ein bisschen hasse (Allonia, oh Allonia, meine kleine Verräterin) und es ist mir sehr schwer gefallen, ihre Geschichte zu schreiben. Charaktere, die ich liebe (Avith, mein Schätzchen) fallen mir um den Hals und lassen sich liebend gerne aufschreiben. Obwohl auch sie manchmal ihre sturen Momente haben, wenn ich sie zu sehr quäle.
Entscheide dich, wie viele Charaktere du als Erzähler haben willst; aber vergiss auf keinen Fall, wie wichtig Nebencharaktere für die Lebendigkeit einer Geschichte sind. Auch sie haben ihre Geschichten, die sie zwar nicht als aktive Erzähler erleben oder berichten müssen, aber sie sind vorhanden.
Der Stil
Jede Geschichte hat ihren eigenen Stil - ihre eigene Stimme. Natürlich wird der grundsätzliche Tenor bei allen Geschichten gleich sein, denn jeder Autor hat seine eigene Stimme. Aber bei jeder Geschichte moduliert man die Tonart, erzählt sie nur im Flüsterton oder schreit sie in den Wind und singt sie in Dur oder Moll.
Das beginnt bei der "einfachen" Festlegung, ob man sie als Ich-Erzähler, Allwissender Erzähler oder in der dritten Person erzählt. Vielleicht müsst ihr herum probieren, was passend und stimmig ist. Lasst euch nicht davon abschrecken, wie andere Geschichten des Genres geschrieben werden! Es ist eure Geschichte und wie andere es machen ist vollkommen nebensächlich.
Die Recherche
Ja. Man muss recherchieren. Es ist Arbeit und zwar viel. Natürlich kommt das auf die Geschichte darauf an und auch schon auf das vorhandene Vorwissen.
Ich gehe davon aus, dass die Themen in deiner Geschichte dich auch immer interessieren werden, also lass dir Zeit dabei, die gesamten Informationen aufzusaugen und zu verarbeiten. Manchmal findet man winzige Bruchstücke aus einem Thema, die ein wichtiges Element der Geschichte ausmachen werden, aber man muss sich eben auch die Zeit nehmen sie anzulocken.
Also schön ins Gras hocken und geduldig "Miez, miez, miez" rufen, bis sie sich an eure Beine schmiegen und sich schnurrend den Bauch kraulen lassen.
Und dann ... dann wünsche ich euch viel Spaß beim Schreiben.